„Was ist, wenn ich im Supermarkt einen Apfel kaufe und schon mal reinbeiße, weil ich Hunger habe?“ Der Staatsanwalt lächelte und stellte klar, dass der Hunger warten muss bis der Apfel ohne Reinbeißen bezahlt ist. Auch für schwierige Fragen über Gerechtigkeit oder Gleichheit hatte der Staatsanwalt ein offenes Ohr.

„Warum darf ich arbeiten und mein Bruder nicht?“ Darauf antwortete er mit einem Beispiel: Jeder hat ein Recht auf Kinderbetreuung, trotzdem findet er gerade selber für sein Kind keinen Kinderbetreuungsplatz.

In Kooperation mit dem Amtsgericht München hat die Gemeinde Taufkirchen diesen Rechtskundeunterricht für die ortsansässigen Flüchtlinge organisiert. Ich begleitete „meinen Schützling“ aus Uganda zu diesem Termin, zu dem die Flüchtlinge aus Nigeria, Uganda und Kongo gekommen waren. Zu Beginn stellte der Staatsanwalt Prinzipien und Werte der deutschen Rechtsordnung vor. Dann ging es um das Zivilrecht, das u.a. das Vertragsrecht umfasst, also Verträge schließen – einhalten – kündigen. Ein letzter Teil beschäftigte sich mit dem Strafrecht, dazu gehören Delikte wie Diebstahl, Betrug oder Körperverletzung. Ein Dolmetscher übersetzte ins Englische.

Besonders das Zivilrecht mit seinen Vertragsregelungen bietet viele Gefahren für Flüchtlinge, denn es gilt der Grundsatz: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Gerade bei solchen Themen ist es wichtig, dass unsere Flüchtlinge einheimische Ansprechpartner haben, die ihnen hilfreich zur Seite stehen. Der Hinweis einen Vertrag vor der Unterschrift genau durchzulesen, gilt nicht nur für Flüchtlinge, wenn sie einen Handy-Vertrag unterschreiben. Dazu gehört es auch unseren Neubürgern Dinge zu erklären, die in Deutschland anders sind als in ihrer Heimat. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie bereichernd das sein kann, wie Vertrauen wächst, Freundschaft entsteht und das Verschiedene nicht trennend sein muss sondern bereichernd!

Am Schluss des Abends wurden noch Fragen aus dem Alltag der Flüchtlinge gestellt, ihre Sorgen, ihre Nöte. Staatsanwalt und Dolmetscher konnten sie ihnen nicht abnehmen, aber es wurde zugehört, miteinander gesprochen und am Ende des Abends klatschten alle für ein großes DANKESCHÖN, dass es diese Möglichkeit gibt! Ein junger Mann aus Nigeria bedankte sich in deutscher Sprache bei der Gemeinde und den beiden Herren, dass sie so viel lernen dürfen über dieses schöne Land Deutschland. Seine Worte haben mich berührt und ich möchte diesen Dank hier gerne noch einmal weitergeben an die Gemeinde, an Frau Nguyen, die persönlich anwesend war, sich um Einzelheiten kümmert und an jeden einzelnen Helfer!

Cornelia Achermann

Rechtsbildungsunterricht für Flüchtlinge

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