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Stellungnahme des Diözesan-Caritasverbands München und Freising
zum Umgang mit Flüchtlingen in Bayern

In Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren Städten und Gemeinden und in Sorge um das Wohl der Menschen, die vor Terror, Krieg und aussichtslosen Verhältnissen zu uns geflohen sind, appellieren wir an die Bayerische Staatsregierung, ihre Haltung im Umgang mit Flüchtlingen zu ändern. Es ist für uns unverständlich, dass die Bayerische Staatsregierung die guten Ansätze im Bundesintegrationsgesetz aushebelt und damit die
guten Ansätze für eine gelingende Integration zunichte macht.

Konkret fordern wir den Zugang von allen Asylsuchenden zum Arbeitsmarkt, solange sie in Deutschland leben, die Möglichkeit zur Ausbildung auch für junge Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus und einen Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan:

Zugang von Asylsuchenden zum Arbeitsmarkt

In Bayern gibt es Tausende von Arbeitsplätzen, die nicht besetzt werden können. Deshalb fordern wir, dass unabhängig vom Aufenthaltsstatus auch noch nicht anerkannten Flüchtlingen die Chance eingeräumt wird, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zumindest anteilig selbst zu verdienen.

In der Beratung und Betreuung sind unsere Mitarbeiter/innen zur Zeit konfrontiert mit dem großen Unverständnis und der Frustration sowohl der Flüchtlinge wie auch der Arbeitgeber, dass bewährte Beschäftigungsverhältnisse aufgrund der Interministeriellen Weisung vom 1. 9. 2016 beendet werden müssen.

Flüchtlinge, die Arbeit haben, ersparen Sozialkosten und finden sich schneller mit den kulturellen Gegebenheiten in Bayern zurecht. Sie werden von der Bevölkerung besser akzeptiert und der internationale Austausch wird gefördert. Wenn die Menschen, die zu uns kommen, keine Perspektive sehen, sind sie gefährdet für radikale und extremistische Einstellungen sowohl in Deutschland als auch bei einer Rückkehr in ihre Herkunftsländer. Das selbst verdiente Geld geht zu einem Teil als Transferleistungen in die Heimatländer und fördert dort die wirtschaftliche Entwicklung und trägt zur sozialen Stabilisierung bei. Dies bekämpft auch Fluchtursachen. Deutschland genießt als Exportland einen sehr guten Ruf, der auch von Menschen verbreitet wird, die Deutschland positiv kennengelernt haben.

Möglichkeit zur Ausbildung auch für junge Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus

Noch gravierender als bei den Arbeitsplätzen ist der Mangel an Bewerber/innen für viele Ausbildungsberufe im Handwerk und im Bereich der Pflege. Bildung und Ausbildung ist ein Menschenrecht. In der alternden deutschen Gesellschaft sind wir darauf angewiesen, dass junge Menschen vor allem in den Berufsfeldern ausgebildet werden, in denen bereits jetzt ein Mangel an Nachwuchs besteht.

Junge Flüchtlinge, die sich auf einen beruflichen Einstieg vorbereiten, verlieren jede Motivation, wenn ihnen die Ausbildungsperspektive genommen wird. Gerade sie werden anfällig für kriminelles Verhalten und extremistische Anschauungen.

Auch wenn ein ausgebildeter junger Mensch nicht auf Dauer in Deutschland bleibt, ist eine Berufsausbildung ein Kapital, mit dem er auch im Heimatland seine Existenz sichern kann. Es ist eine sinnvolle Investition und eine hervorragende Form der Entwicklungshilfe. Sie schafft außerdem wirtschaftliche und kulturelle Kontakte in die Herkunftsländer.

Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan

In Afghanistan gibt es nach Auskunft des UNHCR keine sicheren Gebiete. Im Dezember 2016 hat der UNHCR zum Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender festgestellt: „Ein pauschalierender Ansatz, der bestimmte Regionen hinsichtlich der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen, wie sie für den Flüchtlingsschutz … relevant sind, als sichere und zumutbare interne Schutzalternative ansieht, ist nach Auffassung von UNHCR vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Afghanistan nicht möglich.“ 1

Wir fordern einen Stopp der Rückführung von Menschen aus Afghanistan und eine Bleibeperspektive. Sicher können Flüchtlinge, die sich strafbar gemacht haben, nicht erwarten, in Deutschland bleiben zu können. Doch bei den Abschiebungen der letzten Monate waren die allermeisten unbescholtene Menschen, die sogar direkt von ihrem Arbeitsplatz weggerissen wurden. Dies entspricht nach unserer Ansicht in keiner Weise einem menschlich-würdevollen Umgang und ist weder mit unserem christlichen Menschenbild noch mit unseren gesellschaftlichen Werten vereinbar.

Prälat Hans Lindenberger
Diözesan-Caritasdirektor

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