Ein Bericht von Michael Schanz

Das Gespräch mit Flüchtlingen christlichen Glaubens begann mit Verspätung, erst mit Unterstützung von Samira kamen 10 christliche Flüchtlinge aus Eritrea und Nigeria in die Runde. Auf unsere Frage nach ihren Erlebnissen auf der Flucht reagierten einige spontan mit schlimm, schrecklich, gefährlich. Von Eritrea über den Sudan nach Libyen, dann übers Mittelmeer und Italien nach Deutschland. Was gerade Frauen auf einer solchen „Reise“ erleben, kann man sich vorstellen, auch ohne Afrika-Experte zu sein. Jussuf aus Nigeria berichtete, wie er in Libyen angegriffen wurde, einen tiefen Schnitt am Handgelenk davon trug und einen Teil des linken Ohres verlor. Die Fahrt auf dem Mittelmeer dauerte 5 Tage – nach drei Tagen hatte er mit seinem Leben abgeschlossen und das auch seiner Familie mitgeteilt. In Italien angekommen schlief er auf der Straße, keine Versorgung, keine Unterstützung. Er arbeitete dann 10 Stunden bei einem Bauern und bekam dafür 5 €. Nach 8 Monaten verließ er dieses ungastliche Land Richtung Deutschland.

Lebhafter wurde das Gespräch dann bei der Frage nach Ihrer Situation in der Traglufthalle: Es sei laut, zu viele Menschen auf engem Raum, zu viele unterschiedliche Kulturen, schlechte hygienische Verhältnisse. Auch nachts gäbe es keine Ruhe, die Leute

unterhielten sich lautstark, telefonierten, man komme nicht zur Ruhe. Eigentlich sehr einleuchtend: 250 Menschen in einem Raum, ohne Beschäftigung und Aufgabe – eine Situation, die sich aus vielen Gründen in absehbarer Zeit sicher nicht ändern wird.

Schnell einig war sich die Runde, wie die Zukunft aussehen soll: Arbeit, Wohnung, Schule, das war die Reihenfolge. Alle möchten selbst für Ihren Lebensunterhalt sorgen, wünschen sich eigene vier Wände und wollen auch lernen. Bei der Rückfrage, wer denn schon fleißig am Deutsch lernen sei, meldete sich dann nur die Hälfte, die anderen meinten von den Angeboten nichts zu wissen oder noch abwarten zu wollen. Auch hier treffen wir wieder auf die kulturellen Unterschiede: In Afrika läuft die Kommunikation über Freunde, Nachbarn, die Familie. Es wird das getan, gelernt, angepackt was jemand empfiehlt,man geht dorthin,wo man hingeschickt wird. Bei uns solle jede/r Eigeninitiative entwickeln, sich um sein Fortkommen kümmern, sein Leben in die Hand nehmen.

Noch deutlicher werden die Unterschiede in der Wahrnehmung von Angeboten für Flüchtlinge, auf die wir in unserem Gespräch hinweisen. Zufällig sitzen wir vor der großen Pin-wand und fragen in die Runde, ob denn die dort angebotenen Aktivitäten, wie ein Holzworkshop, Volleyballspielen oder TaekWonDo bekannt seien. Davon wissen unsere Flüchtlinge aber nichts und bitten um Information, natürlich mündliche Information. Auch unser Hinweis, dass die Caritas-Mitarbeiter/innen über alle Angebote informiert sind und gerne Auskunft geben, kommt nicht an. Es ist in den Herkunftsländern eben nicht üblich auf Aushänge zu reagieren. Sie wüssten nicht wo diese Veranstaltungen stattfinden, aber auch nicht, ob sie als Flüchtlinge dort willkommen sind. Wir sollten doch kommen und sie mitnehmen…

Vielleicht müssen noch viele solche Gespräche stattfinden, über Unterschiede in der Wahrnehmung und Kultur geredet, Informationen persönlich und nicht nur schriftlich gegeben werden. Denn alle beteiligten Flüchtlinge wollen in Deutschland bleiben, sind dankbar, dass sie hier sind und dass ihnen von vielen Seiten geholfen wird.

Arbeit, Wohnung, Schule – das wünschen sich unsere Flüchtlinge