Ein Gespräch mit Dawood Tajik
Es ist 9:00 Uhr und pünktlich wie vereinbart trifft Dawood Tajik in der Begegungsstätte des Helferkreises Asyl Taufkirchen ein. Er hat zum Interview seinen Zimmergenossen Ali Adali mitgebracht, der gerne als Pflegehelfer arbeiten möchte und dazu Hilfe beim Ausfüllen eines Personalbogens benötigt.
Dawood (25 Jahre) stammt ursprünglich aus der Provinz Tachar im Norden von Afghanistan und ist vor ca. 14 Jahren mit seiner Familie nach Schiras im Süden Irans vor den Taliban geflohen. Er hat noch 4 Brüder und 3 Schwestern, wobei ein Bruder und eine Schwester jetzt wieder in Afghanistan verheiratet leben. Afghanen sind im Iran Menschen zweiter Klasse, ihnen wird der soziale Aufstieg verwehrt. So haben sie meist keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen, können sich kein Eigentum anschaffen und bekommen nur schwere, teils lebensgefährliche Arbeiten auf Baustellen. “Afghani” ist für einige Iraner zu einem Schimpfwort geworden. Dawood konnte trotzdem 5 Jahre auf eine Abendschule gehen und nach 1 – 2 Jahren „Lehrzeit“ bei seinem ältesten Bruder 5 Jahre als Fliesenleger arbeiten.
Zu Fuß, per Auto, Bus, Zug und Schlauchboot ist Dawood über die Westbalkanroute (Iran, Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Österreich) am 19. September 2015 nach München gekommen. Dies ist auch der Fluchtweg von Ali. Nach einigen wenigen Wochen in Erstaufnahmeeinrichtungen ist Dawood in der Traglufthalle in Taufkirchen untergekommen.
Vom ersten Tag an ergreift Dawood die ihm gebotenen Chancen. Er besucht 2 Jahre lang die Integrationsklasse in Feldkirchen, hilft beim Herrichten der Begegnungsstätte und kommt regelmäßig zum Deutschlernen. Während eines Praktikums bei der Landbäckerei Ihle ist man auf ihn aufmerksam geworden und hat ihm einen Teilzeitjob in der Filiale im Gewerbegebiet Unterhaching angeboten. Da Dawood gut Deutsch spricht, wird er neben dem Backen auch im Verkauf eingesetzt. Wenn er wieder mal um 4 Uhr am Wochenende mit dem Backen beginnen muss, dann hat er seine Sachen und seinen Rucksack schon im Aufenthaltsbereich der Wohnung deponiert, um seine Mitbewohner nicht übermäßig zu stören. Die Wohngemeinschaft mit 8 Bewohnern, aufgeteilt in 2 Schlafräume, funktioniert gut und es hat noch keine größeren Probleme gegeben, versichert mir Dawood und Ali stimmt lächelnd zu.
„Im Herbst möchte ich eine Lehre als Fachkraft im Gastgewerbe beginnen, da ich aufgrund einer Allergie nicht mehr als Fliesenleger arbeiten kann. Vielleicht kann ich dann auch in eine kleine Wohnung ziehen.“
Dawood ist mit Leib und Seele Fußballer. Er kommt regelmäßig zum wöchentlichen Training des Helferkreises und übernimmt die Mannschaftsführung der sehr erfolgreichen Mannschaft des Helferkreises Taufkirchen. Ende Januar wurde die Mannschaft wieder ungeschlagen Sieger eines Turniers in Ottobrunn. Seine Künste als Fußballer sind auch beim EHC 90 Taufkirchen gefragt. Seit Mitte 2018 ist Dawood jetzt auch ins Trainergeschäft eingestiegen. Ausgestattet mit Vertrag und Führungszeugnis trainiert er als Co-Trainer die F1a-Jugend (Jahrgang 2010) des SV-DJK Taufkirchen gemeinsam mit Michael Albrecht. „Es macht mir viel Spaß und Freude. Jedoch kann ich nicht laut schreien, wenn das ein oder andere Kind Unsinn macht. Dann nehme ich es zur Seite und spreche einige ernste Worte mit ihm.“
Trotz Ablehnung seines Asylantrages ist Dawood sehr zuversichtlich, dass über seine Klage positiv entschieden wird. „Bayern hat mich bisher mit der Schule gut unterstützt. In Deutschland ist alles gut. Nur haben wir (die Afghanen) Angst vor der Polizei, dass sie uns abholt.“
„In Deutschland bleiben zu dürfen und in Sicherheit ein normales Leben führen zu können, ist mein größter Wunsch.“
Johannes Groha