Mit dem 1. September hat nicht nur für viele einheimische Jugendliche ein neuer Lebensabschnitt begonnen, sondern auch für einige der Geflüchteten, die bei uns in den Feel Home-Häusern wohnen.

So ist Mustapha Mohammed aus Sierra Leone jetzt in die Ausbildung zum Verfahrensmechaniker gestartet, in einem führenden Unternehmen zur Herstellung von Kunststofffolien. Zuvor konnte er sich im Rahmen einer sog. Einstiegsqualifizierung bewähren. Für Ike aus Nigeria beginnt eine neue Zeit mit dem Start in die Ausbildung als Kanalbauer. Joseph aus Uganda hofft mit der Ausbildung Lagerlogistiker bei einem großen Händler für Elektronikbauteile sein Glück zu schmieden. Anthony aus Sierra Leone kann handwerkliches Geschick in der Maurerausbildung beweisen.

Diese vier jungen Flüchtlinge machen damit einen weiteren wichtigen Schritt zur Integration in Deutschland. Die Zahl der Azubis unter unseren Geflüchteten steigt auf 12. Zwei weitere stehen in den Startlöchern. Sie warten noch auf die Genehmigung durch die Ausländerbehörde.

Apropos Genehmigung. Bis unsere neuen Azubis die Ausbildung antreten konnten, waren viel Zeit und Geduld aller Beteiligten nötig. Es war ein Hoffen und Bangen. Den ehrenamtlichen Unterstützern und den Unternehmen gebühren Dank und Anerkennung. Sie haben sich nicht unterkriegen lassen von den Mühlen der Bürokratie und der zurückhaltenden Genehmigungspraxis der zuständigen Behörden in Bayern.

Diese Praxis ist schon sehr speziell, um nicht zu sagen zum Kopfschütteln oder zum Verzweifeln. Da wird Geflüchteten die Arbeits- oder Ausbildungsgenehmigung entzogen, die sich in ihren Betrieben bereits bewährt haben, die bei den Kollegen beliebt sind, wo die Chefs beste Erfahrungen gemacht haben, wo Firmeninhaber händeringend nach Arbeitskräften suchen. Anderen Jugendlichen wird die Genehmigung zur Aufnahme einer Ausbildung verweigert, selbst in Mangelberufen.

So hat der Freistaat in Taufkirchen einem jungen Flüchtling aus Afghanistan die Ausbildung zum Bäcker verweigert. Dabei suchte der Betrieb dringend nach einem Lehrling. Der Meister hatte eine Menge Zeit und Energie investiert, um die bürokratischen Hürden zu überwinden. Umsonst. In einem anderen Fall hatte sich ein Geflüchteter aus Pakistan so gut in seinem Küchenjob bewährt, dass ihm der Taufkirchner Gastronom eine Ausbildung anbot. Ja, der Vertrag war bereits in der Handwerksrolle der Kammer eingetragen. Genehmigung: Fehlanzeige.

Die Borniertheit einer solchen Politik bedeutet für die Betroffenen eine enorme psychische Belastung: Wie lange kann ich noch bleiben? Was soll ich machen?  Aber nicht nur aus humanitären Gründen ist diese bayerische Linie zweifelhaft. Sie ist auch aus rein wirtschaftlichen Aspekten kontraproduktiv: Sie kostet Wertschöpfung, der Gemeinschaft entgehen Steuern, den Sozialversicherungen Beiträge.

Damit sich die Integrationsperspektive verbessert, ist ein „Spurwechsel“ nötig. Flüchtlinge, die in Arbeit und Brot stehen, die sofort eine Ausbildung antreten könnten, sie sollten bleiben dürfen, solange sie Arbeit haben und die Ausbildung absolvieren. Und zwar egal welchen Flüchtlingsstatus sie haben. So sieht es auch die bundesweite sog. „3+2“-Regelung für Ausbildungsverhältnisse vor.

Hans-Georg Hesener

Start in die Ausbildung für einige junge Flüchtlinge