Es ist Hans-Joachim Fauls 76. Geburtstag, gegen 19 Uhr, Ende November. Er hat niemanden eingeladen und nichts geplant, als es an seiner Wohnungstür in Taufkirchen in klingelt. Sechs ugandische Flüchtlinge stehen da. Sie singen ein Ständchen, überreichen ihm eine mit weißem Zuckerguss überzogene Marzipantorte und ein Trikot der ugandischen Fußballnationalmannschaft. Einer der Flüchtlinge ist Joseph Bukenya. Die vergangenen zwei Jahre begleitete Faul ihn zu Ämtern, füllte mit ihm Anträge aus, half ihm bei den Hausaufgaben. Im Herbst zahlte sich der Aufwand schließlich aus: Joseph Bukenya, ein leidenschaftlicher Fußballer, ein Mann, der davon träumt, eines Tages Frau und Kind zu haben, bekam einen Ausbildungsplatz als Lagerist. Und der Geburtstag seines Helfers war für ihn der Moment, Danke zu sagen. “Ich habe nur Rotz und Wasser geheult”, sagt Hans-Joachim Faul, so überwältigt sei er gewesen – von der Liebe, Wertschätzung und Achtung, die diese Geste ausdrückte. Es sei für ihn das schönste Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk zusammen gewesen. Dabei habe er für sein Engagement keine Gegenleistung erwartet. Er helfe, weil er anderen die Unterstützung geben wolle, die er selbst nie hatte. Faul wuchs in den Nachkriegsjahren ohne Vater und ohne Mutter bei seinen beiden Omas auf. Er wurde Graveur, ein erfolgreicher Handwerksmeister, wie er selbst sagt, doch alles habe er sich alleine erkämpfen müssen. Weil das schwierig gewesen sei, wolle er jetzt anderen helfen.

chrh, SZ vom 24.12.2018

Liebe und Wertschätzung

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