Ausgemacht war der Termin mit Joseph M. Nach seiner Berufsschule in Ingolstadt wollte er in der Begegnungsstätte des Helferkreises noch eine Stunde lernen, weil die Zwischenprüfung für seine Ausbildung als Fachkraft Logistik näher kommt und er zu Hause in FeelHome keine Ruhe hat. Drei Türen musste ich bis zum 1. Stock in der Wildapfelstr. 4 aufsperren, dies kam mir vor, als würde ich mir Zugang zu einem Tresorraum verschaffen, schrieb meinen Namen auf die obligatorische „Corona-Nachverfolgungs-Liste“ und ging Richtung Computerzimmer.

Da saß schon einer: Kenneth S. aus Uganda, über seine Hefte und Bücher gebeugt. „Ich bin froh, dass ich hier lernen kann…“ Morgen findet die Prüfung in Mathe, Physik und Werkstoffkunde statt, besonders Mathematik sei schwer und da brauche er volle Konzentration. Ein Blick in sein Arbeitsheft genügte mir: Eine Ausbildung zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik – da kann ich nicht mal die Kennziffern der mathematischen Formeln entziffern, geschweige denn verstehen, worum es geht. Er erklärte mir, dass zu den Aufgaben dieses Berufs vor allem die Steuerung großer Produktionsmaschinen gehört. In FeelHome leben 7 Ugander in 2 kleinen Schlafzimmern und einer Wohnküche, da ist nie Ruhe – manche kochen, unterhalten sich oder  hören Musik.

Bei Joseph M. findet die Zwischenprüfung Mitte Juni statt. Er schätzt das Lernen in der Wildapfelstraße, da er dort einen Computer mit Internetanschluss und Drucker zur Verfügung hat und, wenn etwas besonders schwierig ist, auch Hilfe vom Helferkreis möglich ist. So kann er auch untertags per „Homeschooling“ lernen, in seiner Berufsschule die Regel.

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Begegnungsstätte zu einem Lernort entwickelt, ohne den eine Reihe von Ausbildungen vermutlich nicht abgeschlossen worden wären. Gleichzeitig bot sie auch den Caritas-Migrations-Berater*innen eine Arbeitsmöglichkeit, als der Zugang zu ihrem Büro in den Unterkünften nicht möglich war.

Michael Schanz

Was tut sich in der Begegnungsstätte?